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Flucht aus der Heimat - zwei Schülerinnen berichten

Wir alle verfolgen im Moment wahrscheinlich die Nachrichten und sind entsetzt und betroffen, was in der Ukraine passiert. Trotzdem geht der Alltag für uns weiter – auch in der Schule. Doch es gibt auch SchülerInnen, die hautnah miterleben mussten, was eine Flucht aus der Heimat bedeutet. Zwei Schülerinnen aus der SAS 20-2 erzählen hier ihre Geschichten. Jede/r von euch (LeserInnen) hat ihre / seine Geschichte, wenn ihr zu uns an die Schule kommt, aber lasst uns einen Moment innehalten und Ramas und Shazia Geschichte lesen, um in dieser schlimmen Zeit aneinander zu denken und achtsam und gemeinsam in die Zukunft zu gehen. Eure Kristina Grewe (Klassenlehrerin SAS 20-2)

Mein Name ist Rama, ich stamme aus Aleppo in Syrien, bin 26 Jahre alt, bin geschieden und habe ein 8-jähriges Kind. Ich habe in Kriegszeiten das Abitur gemacht.  Ich hätte mich gerne an der Universität im Bereich Psychologie eingeschrieben, aber die Situation in Syrien war sehr schwierig, es wurde Tag und Nacht bombardiert, bleiben bedeutete den Tod.

Deshalb hat meine Familie beschlossen, unsere Heimat zu verlassen, um ein neues Leben und einen sicheren Wohnort zu suchen. Also sind wir von Syrien in die Türkei, nach Istanbul, gefahren, aber seine Eltern haben auch entschieden, dass nur ich, mein Sohn und mein Bruder nach Deutschland reisen würden.

Wir nahmen unser Gepäck mit Traurigkeit, weil wir nicht wussten, ob wir unsere Familie wiedersehen werden. Meine Reise begann in der Türkei. Von der Stadt Izmir sind wir in einem kleinen Boot nach Griechenland gefahren. Unsere Reise dauerte 6 Stunden auf See, von 12 Uhr in der Nacht bis 6 Uhr morgens. Es war sehr schwierig und gefährlich. Mein Kind war ein Jahr alt und acht Monate alt.

Gott sei Dank kamen wir an und lernten junge Männer und eine Frau kennen, die auch nach Deutschland reisen wollten. Wir folgten unserer Reiseroute, zusammen mit ihnen, von Athen nach Serbien mit dem Bus. Nach unserer Ankunft liefen wir zwischen den Eisenbahnen hindurch bis zur mazedonischen Grenze. Und dort nahmen wir einen Zug in die Serbien, wir ruhten uns 3 Tage lang aus.

Es war eine schwierige Reise, voller Gefahren, z.B. in den Wäldern. Ich habe es bis jetzt nicht vergessen, wie wir von der Serbien nach Ungran 12 Stunden ohne Pause gelaufen sind. Das Wetter war sehr schlecht: kalt, starker Regen, furchterregende Geräusche. Wir waren sehr erschöpft. Hier waren wir 60 Leute, nicht alle aus Syrien. Auf der Reise haben wir haben unser Geld und Handy verloren.

Aber nach all dieser Müdigkeit kamen wir endlich in Ungarn an. Wir blieben zwei Tage in Ungarn, dann fuhren wir mit dem Zug von Ungarn nach Deutschland, kamen in Hamburg an und wurden dann nach Neumünster in eine Unterkunft geschickt, speziell für neue Flüchtlinge. Unsere Reise nach Deutschland dauerte 9 Tage.

Ankunftsdatum war der 07.09.2015. Nach drei Monaten bin ich in eine Wohngemeinschaft umgezogen. Ich, mein Sohn und mein Bruder haben dort 3 Monate in der Stadt Bad Segeberg gewohnt, dann sind wir nach Potsdam umgezogen. Dort waren schon mein großer und kleiner Bruder. Nachdem mein Sohn drei Jahre alt wurde, ging er in den Kindergarten. Ich habe mich für einen Integrationskurs angemeldet. Ich habe einen Deutschkurs B1-Niveau abgeschlossen und 2017 eine Prüfung gemacht, um weiter in Deutschland leben zu können. Dann habe ich zwei Monate ein Praktikum im Kindergarten absolviert und eine Deutschkurs Niveau B2 besucht. Dann habe ich versucht, eine Ausbildung oder eine Universität zu finden. Gleichzeitig machte ich einen Deutschkurs Niveau C1 und habe auch meinen Führerschein geschafft. Außerdem arbeitete ich zwei Monate bundesfreiwillig in der VHS bis ich im Jahr 2020 die Ausbildung als Sozialassistent anfing. Ich war sehr glücklich, nun mit einer Ausbildung beginnen zu können.

Ich wünsche mir in meinem Leben immer erfolgreich zu sein. Mein Traum ist, die Ziele und Ambitionen zu erreichen, indem ich einen geeigneten und bequemen Job finde und meine Sprache verbessere.

Ich möchte noch sagen, ich bedanke mich sehr bei Deutschland, weil wir wieder ein neues Leben und Sicherheit gefunden haben.

Eure Rama Sallah SAS 20-2

Mein Name ist Shazia und ich komme aus Syrien. Ich bin 41 Jahre alt und in meinem Heimatland habe ich drei Jahre Jura studiert bis ich wegen dem Krieg flüchten musste. Als Nebenjob habe ich als Assisstenzlehrerin in einer Grundschule gearbeitet.

Ich bin noch ledig und habe keine Kinder. Ich spreche zwei Sprachen, Kurdisch (meine Muttersprache) und Arabisch.

Mit Beginn des Krieges in Syrien konnte ich aufgrund des Konfliktes, dem Mangel an Sicherheit und Frieden nicht zur Universität gehen. Außerdem hatten wir keinen Strom, Lebensmittel und einen sicheren Ort zum Schlafen. Schwierig war besonders meine kurdische Herkunft, da die Situation für Kurden in Syrien immer schwieriger wurde.

Ich bin erst über die Grenze in die Türkei geflohen, da es nur eine Stunde von meinem Dorf entfernt war. Ich konnte ohne Pass und Visum einreisen. Meine Hoffnung war, dass ich bald wieder nach Syrien zurückkehren kann. 2015 haben mein Vater und mein Onkel mir und meinem Bruder Geld gegeben, um mit dem Auto nach Griechenland zu fliehen.

In Griechenland bleiben wir nur drei Tage. Danach hat uns das Rote Kreuz geholfen und wir konnten weiter fahren nach Mazedonien. Von dort ging es weiter nach Ungarn. Es gab kein Ziel, wir wollten ein Land finden, in dem wir bleiben können und sicher sind. Nach zwei Tagen in Ungarn sind wir in einer Gruppe aus 20 Personen aus unterschiedlichen Ländern (Syrien, Iran, Irak), davon gab es nur zwei Frauen, mich und meine Schwester. Meine Schwester und ich hatten große Angst in dieser Zeit, aber wir haben es ausgehalten, weil es besser war als der Krieg in Syrien.

Nachdem wir dem Fahrer jeder 5000 Euro bezahlt hatten, für die Fahrt von der Türkei nach Europa, stiegen wir in München, Deutschland aus. Dort wurden unsere Personalien aufgenommen, wir haben im Flüchtlingsheim geschlafen und wurden auf unterschiedliche Städte in Deutschland verteilt. Meine Schwester, mein Bruder und ich kamen nach Dortmund. Wir blieben zu dritt in einem Flüchtlingsheim. Auf der Reise hatten wir nur die Sachen, die wir anhatten, unseren Pass und unser Handy. Im Heim bekamen wir Kleidung, Essen und alles, was wir brauchten.

Dann mussten wir nach Eisenhüttenstadt, um unser Asyl zu beantragen. Dafür gab es ein Interview. Dort waren wir nur 20 Tage bis es weiter nach Luckenwalde ging. Dort blieben wir 9 Monate. Dann zogen wir alle zusammen nach Potsdam in eine eigene Wohnung.

Zuerst machte ich 9 Monate einen Deutschkurs, Niveau B1 und im Anschluss einen B2-Kurs für vier Monate.

Meine Freundin Rama erzählte mir von der Ausbildung zur Sozialassistentin, die ich dann im Sommer 2020 begann. Ich habe davor auch ein Praktikum im Büro gemacht, aber da mein Deutsch noch nicht so gut war, wollte ich leider eine Ausbildung im sozialen Bereich machen.

Leider konnte ich nicht wieder beginnen Jura zu studieren, weil mein Abitur nicht anerkannt wurde und ich an einem Studienkolleg in Berlin viele Fächer hätte belegen müssen, auch Mathe und Deutsch. Das habe ich mir zu diesem Zeitpunkt nicht zugetraut.

Eure Shazia Ahmed SAS 20-2

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