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Raus aus dem Schneckenhaus – WP-Kurs in Nordirland

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Es war einmal eine Gruppe von 30 SchülerInnen aus der Fachschule für Sozialwesen des ersten und zweiten Ausbildungsjahres sowie drei Lehrkräfte, die vom 19.11.22-02.12.2022 aufbrachen, um einen WP-Kurs im Ausland zu absolvieren. Sie wussten es noch nicht, aber diese Reise würde zu einer Reise aus ihrem Schneckenhaus werden. Welches Schneckenhaus? Jede/r hat ihr/sein eigenes… Lasst uns einen Blick in die Schneckenhäuser werfen. Vielleicht finden sich die Leser an der einen oder anderen Stelle wieder und bekommen Lust, im nächsten November beim WP-Kurs nach Derry auch aus ihrem Schneckenhaus zu kriechen.

Unsere Reise begann mit dem Abflug vom Flughafen Schönefeld. Für einige hieß es: das erste Mal fliegen oder vielleicht das erste Mal allein ohne die Eltern zu fliegen. Geschafft. Die nächste Herausforderung wartete bei der Ankunft in Derry. Hier wurden die SchülerInnen von ihren Gastfamilien abgeholt. Allein, zu zwei oder dritt brach die erste Nacht in der Gastfamilie an. Einige teilten sich ein Zimmer, d.h. mit einer Klassenkameradin oder einem Klassenkamerad, die man normalerweiser nur jeden Tag an der Schule sieht, ein Zimmer teilen. Wird es gelingen? Es hieß auch erste Gespräche mit der Gastfamilie auf Englisch führen, das erste gemeinsame Abendessen und Zurechtfinden in einem fremden Haus. Eine der ersten Erkenntnisse hierbei war sicherlich, dass die Temperaturen in irischen Häusern [es war November – also Winter], das Heizungssystem ganz anders als in Deutschland ist. In Zeiten der Energiekrise müssen nicht nur Deutsche sparen, sondern auch irische Familien achten auf den Energieverbrauch. Auch das Essen erwies sich als eine besondere Erfahrung. Es konnten neue Gerichte probiert werden oder die diplomatische Geschicklichkeit wurde gefordert, wenn es darum ging gastfreundlich zu sein und trotzdem ehrlich, wenn etwas nicht die eigenen Geschmacksnerven traf.

Zu Beginn der Woche begann dann das offizielle Programm der Reise: Sprachkurs in der Schule am Vormittag und gemeinsame Aktivitäten am Nachmittag. Schon vor Beginn der Reise war die Angst vor dem Englischsprechen ein Thema für viele SchülerInnen. Während man im Alltag leicht Vermeidungsstrategien finden konnte, um das Sprechen zu umgehen, gab es im Englischkurs keine Möglichkeit dem Sprechen auszuweichen. Doch mit Freude las ich in der Reflexion einer Schülerin, die im Vorhinein große Sorgen bezüglich des Englischen hatte, folgende Erkenntnis: „Derik [einer der Sprachenlehrer] hat den Unterricht zu etwas ganz Besonderem gemacht. Ich habe mich jeden Tag auf die Englischstunden gefreut und bin immer gerne hingegangen. Mit seiner Ruhe, Empathie und seinem Humor hat das Lernen richtig Spaß gemacht. Er hat einem das Gefühl gegeben, dass er interessiert daran ist, dass wir etwas lernen und dass es auch völlig in Ordnung ist, Fehler zu machen.“

Am Nachmittag erkundete die Gruppe die Kultur und Bildungslandschaft in Derry. Dazu gehörten die Besuche von zwei Grundschulen mit angeschlossenen Kitas, die Auseinandersetzung mit dem Thema „Leben mit Behinderung in Derry“, einem Jugendgipfel zwischen Deutschen und Iren zum Thema „Frieden“, einem Spaziergang zu den historischen Meilensteinen der Stadt und durch die Geschichte von Nordirland sowie einem „Sensory walk“ bei dem die SchülerInnen herausfanden, wie man Aktivitäten mit Kindern in der Natur durchführen kann und dafür Naturmaterialien nutzt. Außerdem besuchten die SchülerInnen ein Kunstmuseum, um zu erkunden, welche Bildungsanreize die Ausstellung der irischen Künstlerin Isabel Nolan für Kinder bietet. Auch ein Workshop zum Thema „seelische Gesundheit“ stand auf dem Programm und die SchülerInnen erhielten Inspirationen für ihre eigene Entwicklung, aber auch die Arbeit mit Jugendlichen. Ein gefürchtetes Highlight unserer Zeit in Derry war ein Tanzkurs zum traditionellen „Ceili dancing“. Auch hier war das Kriechen aus dem Schneckenhaus eine Voraussetzung. Doch gemeinsam stellten wir uns diesem Abenteuer, lachten miteinander und wuchsen bei diesem Erlebnis als Gruppe zusammen. Ein besonderes Highlight, dass fast alle SchülerInnen in ihrer Abschlussreflexion der Reise erwähnten, war der Ausflug zum Giant`s Causeway, einer landschaftlichen Schönheit Nordirland. Neben Meerluft und vielen Steinen konnten wir auch die wunderschöne Landschaft des Landes kennenlernen. Neben den geplanten Aktivitäten gab es auch viel Freiraum, um Derry selbst zu erkunden. Dabei setzten sich alle ihre eigenen Schwerpunkte. Ein Schüler beschreibt: „Die Fahrt war ein großartiges Erlebnis. Ich bekam viele Eindrücke über eine andere Kultur, aber auch über das Jugendleben in Derry [hier ist nicht die Schule gemeint 😉].“ Unvergessen bleibt mir das gemeinsame Fußball schauen [während unserer Reise lief die Fussball-WM] und Werwolf spielen, was wir fast an jeden Ort taten, die Gespräche über Gott und die Welt, für die man im normalen Schulalltag oft keine Zeit hat und das offizielle Anzünden der Weihnachtslichter mit Parade und inklusive der [gefühlten] gesamten Bevölkerung von Derry.

Die Leser haben nun sicherlich schon einen guten Eindruck unserer Reise gewinnen können und es wird deutlich, dass es auch nicht immer nur ein „raus aus dem Schneckenhaus“ war, sondern vor allem auch das Erleben gemeinsamen Abenteuer und Schaffen von Erinnerungen.

Unsere Reise war jedoch auch eine Reise zu uns selbst. Wer bin ich eigentlich? Was ist mir wichtig? Wie verhalte ich mich in herausfordernden Situationen? Welche Bewältigungsstrategien habe ich?
Auf den ersten Blick mag es so erscheinen das ein WP-Kurs mit dem Titel „Irland und Deutschland – Bildung und Erziehung im Vergleich“ hauptsächlich rein akademischer Natur ist, doch ich kann den Lesern versichern, dass dem nicht so ist. Es ist unbestritten, dass die Erfahrungen während eines Auslandsaufenthaltes nicht nur das Verständnis gegenüber dem Gastland und dessen Kultur sind, sondern auch dazu führt, dass sich die TeilnehmerInnen mit dem eigenen Selbstverständnis und dem eigenen Land intensiver auseinandersetzen. Umgangssprachlich formuliert: Ihr lernt etwas über euch selbst. Vielleicht ist es Biographiearbeit – den eigenen Ängsten begegnen – die eigenen Glaubenssätze hinterfragen – neue Glaubensätze aufstellen – das Andere (in uns selbst, in den anderen, in der anderen Kultur) entdecken – und am Ende immer wieder aus dem eigenen Schneckenhaus kriechen.

In diesem Sinne, wer traut sich beim nächsten WP-Kurs raus aus dem Schneckenhaus?

(Kristina Grewe, Lehrkraft OSZ Johanna Just)

Hinweis:
Die Reise wurde durch ein Stipendium des EU-Programms Erasmus+ ermöglicht. Vielen Dank an dieser Stelle an die „Gesellschaft für Europabildung“ (GEB), die unser verlässlicher Kooperationspartner ist, uns bei allen Fragen zur Verfügung gestanden hat, sich um die Flüge kümmerte und uns über das Erasmus+ Programm die Stipendien zur Verfügung stellte.
Unser toller Partner vor Ort war die Organisation „Foyle International“, die das Programm entwarf und begleitete, uns mit ihrer herzlichen Art warm aufnahm und sich über jeden Lernfortschritt freute, den wir auf unserer Reise machten. You are the best!